Heilung für Houleye
Endlich einfach Kind sein
Khadiatou kann es noch immer kaum fassen: Lange schaut sie ihrer fünfjährigen Nichte Houleye zu, die ausgelassen mit ihren Freunden spielt. Das kleine Mädchen strahlt vor Freude, als sie den anderen Kindern nachjagt und diese schließlich einholt. Völlig außer Atem denkt Houleye nicht einmal daran, aufzuhören. Es macht einfach zuviel Spaß!
Ihre Tante Khadiatou erinnert sich auch an andere Zeiten. Zeiten, in denen sie vor Sorge um ihre Nichte kaum schlafen konnte. Denn wenige Monate zuvor trug Houleye schwer an einem riesigen Tumor, der fast die ganze Hälfte ihres niedlichen Gesichtes entstellte. „Der Tumor tat ihr sehr weh, so dass sie zu spielen aufhörte und weinte“, erzählt Khadiatou.
Ein Tumor von Geburt an
Dabei kannte es Houleye gar nicht anders, denn seit ihrer Geburt schien der Tumor zu ihr zu gehören. Also lernte sie notgedrungen, sich damit zu arrangieren: Da war der störende Knubbel am Kiefer, der langsam ihre Wange hoch kroch, die gespannte Haut auf der rechten Seite, die ständigen Schmerzen. An ein normales Leben war nicht zu denken.
„Wir waren wirklich schockiert, als wir sie nach der Geburt zum ersten Mal vor Augen hatten“, erinnert sich ihre Tante. „Ich kann mich nicht entsinnen, jemals solch ein Baby gesehen zu haben. Wir dachten, wir würden sie niemals aufwachsen sehen können.“
Kaum Hoffnung für Houleye
Die kleine Houleye lernte schon in jungen Jahren jede Menge Ablehnung und Ausgrenzung kennen. Als wäre das nicht schon schlimm genug, bekam sie im Lauf der Zeit auch Probleme, ihren Kopf zu bewegen. Immer öfter nahm sie eine Schonhaltung ein und drehte ihren gesamten Oberkörper, wenn sie nur über ihre Schulter sehen wollte. Auch die Nackenmuskeln waren zu schwach, um das ganze Gewicht des schweren Tumors zu tragen, und so drohte ihr Kopf immer wieder zur Seite zu kippen.
Ihre Familie war sehr besorgt, dass sich ihre Beweglichkeit noch mehr einschränken könnte, wenn der Tumor ungehindert weiter wachsen würde. Sie suchten verzweifelt nach einem Weg, ihn entfernen zu lassen. Doch an eine Operation war kaum zu denken: viel zu teuer. Wie hätten sie sich jemals einen Eingriff im Krankenhaus leisten können, wenn es zu manchen Zeiten nicht einmal für drei Mahlzeiten am Tag reichte? Das kam definitiv nicht infrage.
Ein gebrochenes Herz
Die Zeit verging und Houleye wurde älter. Langsam, aber sicher begann sie auch seelisch zu leiden. Menschen tuschelten, zeigten mit dem Finger auf sie und wandten sich angewidert ab. Sie fühlte sich bloßgestellt und gedemütigt und schämte sich sehr für ihr Aussehen. Besonders, wenn andere Kinder über sie lachten, brach sie in Tränen aus. Das war mehr, als sie ertragen konnte. Jetzt schmerzte nicht nur der große Tumor, sondern auch ihr Herz.
„Wir schickten sie für gewöhnlich in den Supermarkt, um einige Dinge einzukaufen. Doch das ließen wir bald sein, als wir bemerkten, wie gemein die anderen Kinder zu ihr waren“, erzählt Khadiatou.
Ein Hoffnungsschimmer für Houleye
Ein leiser Hoffnungsschimmer kam auf, als ein ortsansässiger Arzt die Familie darüber informierte, dass ein Krankenhausschiff in den Senegal kommen sollte. Sie konnten es kaum glauben. War das wirklich wahr? Gab es Hoffnung auf Heilung – für ihre Houleye? Khadiatou überlegte nicht lange. In einem Akt des Glaubens schnappte sie sich ihre Nichte, kratzte ihr ganzes Erspartes zusammen und beschloss, es selbst herauszufinden. Das war DIE Chance, die sie unbedingt nutzen wollte.
Nach einer anstrengenden achtstündigen Reise in die Hauptstadt Dakar sahen beide das Schiff. Khadiatou glaubte nun, dass es Hoffnung gab. „Da wußte ich sofort, dass Gott am Werk war. Wir vertrauten ihm und Er ließ uns nicht fallen, sondern half uns ganz praktisch“, erinnert sich Khadiatou.
An Bord erlebte Houleye zum ersten Mal, dass sie von fremden Menschen liebevoll umsorgt statt verspottet wurde. Nicht ihr entstelltes Gesicht stand jetzt im Vordergrund, sondern sie selbst, die kleine Fünfjährige. Und so begann ihre Heilung bereits tief im Inneren, bevor auch der schmerzende Tumor entfernt wurde. Sie verbrachte viel Zeit im HOPE Center, in dem Patienten vor ihrer OP und während der Genesung betreut werden. Ihr Selbstvertrauen wuchs wieder. Langsam verließ sie das Schneckenhaus, in das sie sich jahrelang vor Scham zurückgezogen hatte. War sie am ersten Tag auf dem Schiff noch verängstigt und schüchtern, traute sich Houleye nach nur wenigen Wochen bereits, mit anderen Kindern zu spielen – für sie eine völlig neue Erfahrung, denn keines der Kinder lachte sie wegen ihres Aussehens aus. Zum ersten Mal in ihrem Leben konnte sie es aus vollem Herzen genießen, mit Gleichaltrigen zusammen zu sein und einfach Spaß zu haben. Gemeinsam rannten sie übers Deck, spielten Verstecken, saßen in einem gemütlichen Kissenberg mit vielen Kuscheltieren oder winkten sich gut gelaunt auf dem Weg zur Physiotherapie zu.
„Bevor der Tumor entfernt wurde, war ich immer sehr besorgt um sie“, erzählt Khadiatou. „Jetzt ist das vorbei. Von mir fällt damit auch eine große Last ab.“
Endlich einfach Kind sein
Zurück in ihrem Heimatdorf staunten Familie und Freunde nicht schlecht: Mama und Papa sahen ihre Tochter erstmals ohne den hässlichen Tumor. Überglücklich schlossen sie Houleye in ihre Arme und konnten nicht aufhören, sie anzusehen. Doch nicht nur ihr Gesicht hatte sich verändert, auch ihr ganzes Verhalten spiegelt jetzt eine neue Fröhlichkeit wider.
Mit anderen Kindern zu spielen, bereitet Houleye nun keine Probleme mehr. Ohne Tumor zu spielen bedeutet für sie, ohne Angst zu sein, ausgelacht oder verspottet zu werden. Was für ein Unterschied! Endlich kann sie die Freiheit ausleben, die für sie so neu ist und die jedes Kind auf der Welt haben sollte: frei von Sorgen, frei von Angst.
„Wir sind wirklich so glücklich und dankbar für alles, was Mercy Ships für unsere Houleye getan hat. Möge Gott den Segen, den Sie uns gebracht haben, auf Sie zurückfallen lassen“, sagte Khadiatou.
Houleye kommt aus dem Senegal
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